Belastungssteuerung für normale Menschen

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Die Belastungssteuerung ist eines meiner Lieblingsthemen, da es all meine Fachgebiete miteinander verknüpft: Sportwissenschaft, Coaching, Neurowissenschaft und die Psychologie.

Und es sollte auch dein Interesse wecken – denn die Gleichung "Belastung vs. Erholung" beeinflusst viel im Leben.

Und wenn ich sage, dass dieser Artikel für "normale Menschen" ist, meine ich Personen, die keinen Zugang zu den Ressourcen der Sportwissenschaften auf La-Liga-Niveau oder zur Technologie der Bundesliga sowie zu Catapult GPS-Geräten haben, um kontinuierlich Daten zu sammeln.

Ja, dieser Artikel richtet sich an uns "Durchschnittlichen", Menschen die vielleicht ehrenamtlich im Verein als Trainer arbeiten oder einfach Lust haben, sich selbst zu tracken.

Lasst uns also realistisch sein.

Belastung vs. Regeneration:
wie viel ist zu viel? Zu wenig?


Belastungssteuerung ist die Messung und Interpretation von Ermüdung vs. Fitness, von Arbeit vs. Erholung, um die Anpassung (mehr Fitness und bessere Leistung) zu erreichen, die wir wünschen.

Wir möchten herausfinden, wie viel Trainingstress unsere Athleten erhalten (und wie viel davon sie benötigen), um eine Anpassung zu bekommen (und wie viel/welche Art von Anpassung) - im Allgemeinen ist das Hauptziel eine verbesserte Fitness und Leistung.

Jetzt scheint das alles sehr kompliziert zu sein, aber ich verspreche, du hast schon einmal darüber nachgedacht.

Gerade sprechen wir nur über Ermüdung, Belastung. Wie und welche Art von Übungen und wie viel Training ermüdet uns, wie schnell wir uns erholen können, um wieder mit maximaler Kapazität zu agieren und unsere physische und psychische Grenzen auszutesten, uns zu erholen, und dann wieder zu trainieren, um unsere Grundkapazität zu erhöhen, sodass unsere beste Leistung besser ist als beim letzten Mal. Das ist gesunde, erfolgreiche, prozessorientierte Belastungssteuerung.

Beim Steuerung und Planung der Belastung denken wir oft an die uns bekannten Zahlen: die Sätze und Wiederholungen (Volumen), Gewichte oder Tempo (Intensität) und wie viele Einheiten pro Woche wir trainieren müssen (Frequenz). Die Auswahl der Übungen spielt ebenfalls eine Rolle (mechanische Belastung). Solche Faktoren nennen wir “externe Belastung” - sie messen die Menge an Arbeit oder Training, die der Athlet in einer bestimmten Einheit, an einem Tag, in einer Trainingswoche oder in einem Zyklus leistet.

Dies sind natürlich kritische Informationen für Trainer, Sportwissenschaftler und sogar die Athleten selbst. Wie viele Minuten hast du diese Woche trainiert? Welche Strecke wurde in dieser Sprinteinheit zurückgelegt, waren das wirklich 200 Meter auf 100% insgesamt? Was ist dein 1RM im Kreuzheben, damit wir dein Krafttraining angemessen planen können? Wie viele der Sprints während des Spiels waren maximale (über 90%) Sprints? Das sind alles wertvolle Informationen, um zu verstehen, wie viel Arbeit der Athlet in einem bestimmten Zeitraum geleistet hat, wie viel Arbeit wir von ihnen erwarten und ob (und wie) er sich verbessert hat.

Ein Beispiel für eine wöchentliche Belastungsmanagement-Umfrage, die leicht in Excel oder Google Sheets erstellt werden kann.

Was weniger einfach zu messen, zu planen und abzuschätzen ist, ist die interne Belastung. Dieser Teil ist jedoch genauso wichtig, da er uns Ermüdung, Erholung und Anpassung verständlich macht. Unsere inneren Zustände liefern uns auch wertvolle Informationen darüber, wie es uns geht, welche Reize beim Training vorteilhaft sind, wie viel Volumen zu viel ist und bei welcher Intensität wir am besten trainieren sollen. Wir müssen dies wissen, um das Training und den Wettkampf entsprechend zu planen. Ohne das klare Verständnis, welche Auswirkungen bestimmte Belastungen auf das Gehirn und den Körper haben, planen wir den falschen Reiz oder die falsche Menge und verpassen die Anpassungen und Verbesserungen, die wir anstrebten.

Daten zur internen Belastung geben uns auch Details über das Nervensystem - die Königin des Körpers! - zB wie viel Erholung wir benötigen, um eine gute Leistung abzurufen und Verbesserungen nach dem Training zu sehen. Ohne diese Daten laufen wir Gefahr, Über- und Untertraining zu betreiben, und jeder, der eine Phase der Überlastung oder Verletzung überstanden hat, kann bestätigen, wie frustrierend das sein kann. Untertraining ist genauso miserabel, da nur geringe Fortschritte erzielt werden und es schnell zu Verletzungen unter Wettkampfbedingungen führen kann (hohe Intensität bei hohen Geschwindigkeiten mit viel Volumen wird einen unfitte, untertrainierten Athleten schnell aus der Bahn werfen!).

Wie bei der externen Belastung sind Daten auch bei der internen Belastung entscheidend. Klassische Datenpunkte wie Herzfrequenzvariabilität (HRV), Ruhepuls, Hauttemperatur und Atemfrequenz sind natürlich hilfreich, aber nicht immer realistisch zu erwarten, da man Trackingtechnologie (wie Pulsuhr, Polargürtel oder Whoopbänder) 24/7 tragen muss.

Fragebogen zur Belastungssteuerung vor dem Training mit fünf Fragen via TrainHeroic-App

Da wir jedoch keinen direkten Blick ins Innere des Körpers werfen können, kann die Erfassung der internen Belastung leicht (und kostengünstig!) mithilfe eines Fragebogens erfolgen, der manchmal als Wellness-Umfrage (auf Englisch: WellQ) bezeichnet wird.

White Lion Athleten verwenden die Wellness-Umfrage und Metriken der TrainHeroic App vor jedem Training. Für diejenigen, die keine zusätzlichen Daten (GPS/HR/HRV/etc) erhalten, ist eine tägliche oder zweiwöchentliche Wellness-Umfrage sehr hilfreich für die Planung und das allgemeine Wohlbefinden. Sie beantworten fünf Fragen auf einer Skala von 1-5. Da die Motivation zur Ehrlichkeit und Konsistenz bei solchen Fragebögen fraglich sein kann, erkläre ich meinen Sportlern stets, wie bedeutend diese Informationen für meine Planung sowie für ihre Leistung und Gesundheit sind. Ich ermutige sie dazu, die Antworten selbst zu interpretieren, und betone, dass die Daten immer vertraulich zwischen uns bleiben - Vertraulichkeit bei Gesundheitsdaten hat höchste Priorität.

Wichtige interne Datenpunkte zur Messung der Belastung umfassen: psychischer Zustand/mentale Gesundheit, Schlafqualität und -dauer, Ernährungsqualität und Zahl der Mahlzeiten (oder kcal-Anzahl, wenn dies für deine Sportart/dein Training relevant ist), Stresspegel, Schmerzen, Muskelkater, Wahrnehmung von Ermüdung, allgemeine Stimmung, Motivation, Wahrnehmung des Trainings und alle anderen Aspekte, die bei der Planung und dem Verständnis des Athleten hilfreich sind.

Im schlimmsten Fall kann eine RPE-Skala (Rate of Perceived Exertion, Borgskala) in der WhatsApp-Gruppe Trainer von Mannschaften bei der Belastungssteuerung unterstützen. Starte eine Umfrage mit einer Skala von entweder 0-5 oder 0-10 und frage die Athleten: "Wie anstrengend war das gestrige Spiel?" Stelle sicher, dass du ihnen mitteilst, ob 0 eine gute oder eine schlechte Bewertung ist. Du kannst dies zum Beispiel folgendermaßen definieren: "0 = keine Ermüdung, kein Schmerz, mir geht es super, 5 = ich bin sehr erschöpft." Eine weitere Frage könnte sein: "Wie fühlst du dich in dieser Woche?" auf einer Skala von 0-5 als Zwischencheck in der Mitte der Woche zwischen den Trainingseinheiten. Definiere erneut, welche Zahlen was bedeuten (die Richtung deiner Skala).

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Dieser Artikel ist unglaublich vereinfacht und ich habe viel mehr zu erzählen, da das Belastungsmanagement (für mich) ein sehr umfangreicher, unendlich faszinierender und wichtiger Prozess ist, den man tagtäglich verstehen und umsetzen muss.

Aber wie versprochen, dies ist für uns normale Menschen - keine Technologie, kein Geld, keine Zeit, um tonnenweise neue Skills zu erlernen und integrieren.

Das ist einfach nur einfache Mathematik.

Externe Belastung: Wie viel Volumen, Intensität und bei welchem Frequenz Athleten in einer Einheit, einer Woche, einem Monat, einem Zyklus, einem Jahr bekommen.

Interne Belastung: Ruhepuls, HRV, und Fragebögen, wobei primäre Datenpunkte auf einer Skala von 1-10 gemessen werden.

Ermüdung vs. Fitness, Belastung vs. Erholung: ihr müsst immer im Blick haben, wann ihr pushen sollt und wann ihr euch zurückziehen und erholen müsst.

Wenn ihr im Laufe der Zeit Spielerdaten (oder eure Daten) verfolgt, werdet ihr erstaunt sein, welche Geschichten diese Daten nach Wochen, Monaten und Jahren erzählen und welche Trends deutlich erkennbar sind.

Abschließend ein Ratschlag: Sammelt keine Daten, die ihr nicht verwenden könnt. Es mag zwar schön und interessant sein, sie zu sammeln und zu haben, doch es wäre Zeit- und Ressourcenverschwendung für eure Spieler und für euch - Zeit, Energie und Motivation. Beschafft euch, was ihr benötigt, wertet die Daten aus, hebt bei Bedarf weitere Informationen auf. Fertig, aus.

Also werdet kreativ. Plant entsprechend. Verbessert diese Grundlinie und gönnt euch einen Ruhetag.

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